Vorstellung unserer Aktion und des dazugehörigen Aktionsbilds am ersten Tag des G20-Gipfels. Der Text wurde unter Beteiligung zahlreicher Gruppen und Strömungen auf zwei Treffen der Aktions-AG zur Roten Zone im Januar und Februar 2017 entworfen, diskutiert und konsensual verabschiedet. Er soll all denen, die sich an unserer Aktion beteiligen werden, als Bezugsrahmen und zur Orientierung dienen.
Im Ausnahmezustand: Die G20 besetzen die Stadt
In der Hamburger Innenstadt kommen am 7. und 8. Juli 2017 die Staats- und Regierungschef*innen der 20 reichsten und mächtigsten Staaten der Welt (einschließlich der EU) zusammen, um über die Zukunft des globalen, imperialen Kapitalismus zu beratschlagen. Große Teile in Hamburgs Zentrum (Karolinienviertel, St. Pauli) werden vor den Anwohner*innen und Kritiker*innen in Hochsicherheitszonen verwandelt, was nichts anderes heißt, als dass die Gipfel-Teilnehmer*innen sich verbarrikadieren, mit NATO-Stacheldraht umzäunen, mit Betonklötzen zumauern und eine Armada von Polizei-, Militär- und anderen sogenannten Sicherheitskräften auffahren werden. Deshalb ist für uns und viele andere klar: »G20 - not welcome!«
Die G20 repräsentieren uns nicht!
Sie werden »Lösungen« für globale Probleme präsentieren, die nicht funktionieren können, weil sie selbst und ihre Wirtschaftssysteme die Ursache für eben diese Probleme sind: für Wirtschaftskrisen, Hunger, Flucht, Klimawandel, Kriege und Terrorismus. „Die Mitgliedstaaten der G20 repräsentieren zwei Drittel der Weltbevölkerung“, wird uns gesagt. Sie hätten deshalb eine starke Legitimation. Wir halten dagegen: Nein - die Trumps, Erdogans, Merkels, Putins und Temer dieser Welt repräsentieren uns nicht. Sie repräsentieren lediglich den globalen, imperialen Kapitalismus. In der vermeintlichen Alternativlosigkeit zwischen neoliberaler Kapitalverwaltung vs. autoritären, nationalistischen und rassistischen Krisenlösungen wählen wir das einzig Richtige: globale Solidarität, offene Grenzen und die Rebellion von unten!
Breite Beteiligung und breite Legitimation: Ungehorsame Massenaktion
Wir wollen eine angekündigte, regelüberschreitende Aktion vorbereiten und durchführen. Was wir tun werden, ist nicht unbedingt und immer legal, aber transparent für diejenigen, die sich beteiligen wollen. Und obwohl die Beteiligung an dieser Aktion deshalb auch ein Risiko mit sich bringt, wollen wir sie so organisieren, dass sich alle, die sich daran beteiligen wollen, das auch tun können. Dafür wollen wir eine für die Einzelnen und die Bezugsgruppen kalkulierbare Situation und Stimmung schaffen, die kreative Ausdrucksmöglichkeiten bietet und gleichzeitig für alle übersichtlich bleibt. Deshalb werden wir belastbare Absprachen mit den Menschen treffen, die weitere Aktionen vorbereiten, die vorher, nachher oder auch gleichzeitig an anderen Orten stattfinden. Unsere Aktion soll vielen Menschen zugänglich sein, damit wir an diesem Tag Tausende sein werden! Wir wollen ein öffentliches Bild dieser Aktion schaffen, das der breiten Öffentlichkeit und natürlich auch den Anwohner*innen vermittelbar ist.
Zur Roten Zone strömen - unsere Gegenentwürfe präsentieren
Ganz Hamburg wird auf den Beinen sein. Wir freuen uns und sind solidarisch mit allen, die unsere Kritik an den G20 teilen und den Tag mit vielfältigen Widerstandsformen, unter den wir keinen Alleinvertretungsanspruch erheben, mitgestalten werden. Unterschiedliche Gruppen planen bereits Straßenfeste mit Konzerten, die Einbeziehung und den Austausch mit Anwohner*innen, mit in luftigen Höhen schwebenden Heliumballons die rebellischen Viertel zu markieren, die Logistik des Kapitals lahmzulegen, dezentrale Aktionen und andere vieles mehr. Unser Beitrag zur praktischen Kritik am Gipfeltreffen wird eine Massenaktion am Ort des Geschehens sein. Wir laden alle ein, mit uns in Kontakt zu treten und sich daran zu beteiligen:
Wir werden uns gemeinsam mit Zehntausenden die Straßen im Herzen Hamburgs wieder aneignen. Anwohner*innen werden zusammen mit Aktivist*innen aus vielen verschiedenen Ländern das Gipfeltreffen blockieren. Wir werden uns in mehreren Fingern oder vergleichbaren Strukturen organisieren, autonom handelnd und doch koordiniert. Wir werden aus allen Richtungen auf die Orte des Gipfeltreffens zuströmen, auf die Messehallen, auf das Rathaus und die Elbphilharmonie, kurz: auf die rote Zone, die für das Treffen abgeriegelt wird. Wo uns die Polizei daran hindern will, finden wir andere Wege zu unserem Ziel. Wo es nötig sein wird, werden wir Hindernisse überwinden und ggf. Polizeiketten durchfließen. Wir gehen so weit wir kommen. Schon auf unserem Weg zeigen wir unsere linken, gesellschaftlichen Gegenentwürfe auf, mit vielfältigen und kreativen Formen wie Raves, Versammlungen und der Aneignung von öffentlichem Raum und Leerstand. Wir behalten uns vor, über Nacht zu bleiben.
Die Inszenierung der Macht stören
Viele von uns werden sich in zahlreich stattfindenden Aktionstrainings auf diese Aktion vorbereiten. Unser Ziel ist es, den reibungslosen Ablauf des Gipfels spürbar zu stören. Gemeinsam erobern wir uns die Stadt zurück, zusammen umzingeln, stören und blockieren wir ihre selbstgerechte Inszenierung als Forum der Weltenretter. Denn sie sind die Brandstifter. Wir setzen sie fest, weil ihre Grenzen Millionen Menschen und ihre Hamburger Gitter einer ganzen Stadt die Bewegungsfreiheit nehmen. Das Wort »Zufahrtswege« wird es an diesem Tag nur in Verbindung mit dem Wort »verstopft« geben.
Unsere Aktionsform sind angekündigte Massenblockaden, die aus Menschen bestehen werden, sowie Materialblockaden. Kreative Hilfsmittel wie Großpuppen, Absperrbänder, Luftmatratzen, Fahrrad-Tandems, Einkaufswägen, Banner, Regenschirme etc. werden dabei zum Einsatz kommen. Wir werden dabei der Selbstinszenierung der Macht die Bilder eines kreativen und bunten Widerstands entgegensetzen. Viele von uns werden ihr Recht auf körperliche Unversehrtheit durch körperschützende Materialien verteidigen. Von uns wird dabei keine Eskalation ausgehen. Wir werden laut sein, auch stellvertretend für diejenigen, die nicht in Hamburg sein können.
Kontinuität und Vielfalt des Widerstands
Viele von uns nehmen zum ersten Mal an einer massenhaften Aktion des Ungehorsams teil. Manche waren bei den Baggerbesetzungen in den Braunkohletagebauen Jänschwalde oder Garzweiler dabei oder haben sich an den Massenprotesten gegen TTIP beteiligt. Einige engagieren sich seit vielen Jahren in Stadtteilinitiativen oder sind antifaschistisch aktiv. Andere waren Teil der Bewegungen der Plätze wie die 15M in Spanien, auf dem Syntagma-Platz in Athen und wieder andere haben an der Revolte im Gezi-Park in Istanbul teilgenommen oder an den Blockupy-Aktionen. Unsere Hintergründe sind verschieden. Wir sind Gewerkschaftler*innen, Auszubildende, Studierende, Beschäftigte, prekäre Selbständige, Erwerbslose und Rentner*innen. Wir sind Menschen mit und ohne Fluchterfahrung oder Aufenthaltsstatus. Wir werden unsere Aktion gemeinsam so gestalten, dass all unsere Unterschiedlichkeiten unsere Stärke sind.
In diesem Sinne: Meutern, Entern, Kapern. G20 über Bord!
Aktions-AG Massenaktion zur Roten Zone
Mail: aktion.ag@g20hamburg.org
Infos: www.blockg20.org