Etwa 200 Menschen kamen am 28.01.17 zur ersten Berliner „Vollversammlung gegen den G20-Gipgel in Hamburg“ im Mehringhof, um gemeinsam zu überlegen, was dieser Gipfel für uns bedeuten kann und wie wir hier aktiv werden wollen. Während die nächste Vollversammlung eigentlich erst für März geplant war, findet sie nun auf Wunsch vieler Teilnehmer*innen der ersten VV bereits am kommenden Samstag, 25.02.2017, um 13 Uhr statt, ebenfalls im Mehringhof. Neue interessierte Menschen sind herzlich eingeladen!
Auch wenn die erste Berliner VV gegen den G20 angesichts der Tatsache, dass dieses miese Event bereits in einigen Monaten stattfinden soll, recht spät stattgefunden hat, so ist doch das Thema G20 schon länger ein Thema auch für Berliner Aktivist*innen. Bereits 2016 wurden diverse Aktionen in Berlin mit dem Thema G20 in Verbindung gebracht; mehr Informationen dazu finden sich etwa hier und hier.
Alle Redebeiträge der VV wurden auf englisch übersetzt, eine sehr sinnvolle Maßnahme, die von nicht wenigen Teilnehmer*innen der Konferenz genutzt wurde.
Zu Beginn der Veranstaltung gab es einen recht ausführlichen Input zur Veranstaltung, der hier noch mal nachgelesen werden kann, und es wurde auf anstehende Termine eingegangen. Diese haben wir am Ende dieses Textes noch mal als Überblick zusammengefasst.
Nach dem Input und einigen Anmerkungen dazu teilten sich die Teilnehmer*innen in verschiedene Kleingruppen auf, um sich für etwa eine Stunde darüber auszutauschen, welche Hoffnungen wir auf eine Mobilisierung im G20-Kontext setzen, worauf geachtet werden sollte, und was befürchet wird.
Nach den Kleingruppen wurden die Ergebnisse im großen Plenum kurz vorgestellt – hier eine Zusammenfassung.
- Das Thema Vernetzung war (wie so oft) auch hier wieder sehr groß, und es wurde mehrfach die Hoffnung geäußert, dass wir es schaffen können, uns im Rahmen der G20-Mobilisierung wieder mehr aufeinander zu beziehen und mehr davon mitzukriegen, was die anderen gerade so machen.
- Mindestens ebenso stark war die Hoffnung, dass es im Rahmen der G20-Mobilisierung gelingen kann, dass die Motivation bei Aktivist*innen steigt und neue Leute dazu stoßen, die selbst aktiv werden wollen und die Chance nutzen, bei den Aktionen gegen G20 einzusteigen. An uns liegt es, Strukturen zu schaffen, damit neue interessierte Leute auch Anschluss finden.
- Konsens bestand weitgehend darin, dass sehr wichtig ist, im Rahmen von G20 Prozesse zu beginnen, die danach nicht sofort wieder einschlafen, sondern dass wir auch nach dem Gipfel mit hoffentlich neuem Schwung gemeinsam an der radikalen Veränderung der herrschenden Verhältnisse weiterarbeiten – in Berlin und überall.
- In einer globalen, vernetzten, im wesentlichen kapitalistischen Welt bestehen viele Anknüpfungspunkte zwischen lokalen Kämpfen, etwa um bessere Löhne oder billigere Mieten, und den übergreifenden, internationalen kapitalistischen Strukturen und Machtverhältnissen. Die Verbindung zwischen dem Protest gegen G20 und diesen lokalen Kämpfen muss und kann im Rahmen der G20-Mobilisierung immer wieder hergestellt und deutlich gemacht werden. Letztlich geht es auch darum, dass die lokalen Kämpfe in Berlin von der G20-Mobi profitieren.
- Die große Aufmerksamkeit, die sich auf G20 richtet, kann eine gute Chance sein, unsere Ideen und Vorstellungen wieder einmal verstärkt in der Öffentlichkeit sichtbar und diskutierbar zu machen. Wir wollen nicht nur dagegen sein, sondern auch unsere Ideen der ganz anderen Organisierung eines guten Lebens für alle aufzeigen. Wichtig hierfür wären auch eigene Strukturen zur Öffentlichkeitsarbeit („Medienzentrum“ etc.)
- Es müsste wieder verstärkt darum gehen, bei den lokalen und konkreten Problemen der Menschen (auch) in Berlin anzusetzen, um hier zu einem gemeinsamen Widerstand zu kommen. Wie immer ist hier natürlich auch die Sprache wichtig, in der wir miteinander kommunizieren.
- Die Verbindung zwischen den Vorbereitungen und Diskussionen in Hamburg und dem, was wir hier in Berlin und anderswo diskutieren und machen, ist sehr wichtig und soll kontinuierlich stattfinden.
- Von allen Kleingruppen wurde eine sehr große Bedeutung dem Camp beigemessen, dass es ja (hoffentlich!) in Hamburg geben wird. Gerade ein Camp ist ein ausgezeichneter Ort, um neue Leute und Ideen kennenzulernen, einen Einstieg in neue Themen zu finden, erstmals aktiv zu werden, praktisch mit anderen Leuten gemeinsam was zu machen, die konkrete Vernetzung voranzutreiben usw.; es wurde auch die Idee geäußert, dass das Camp nach dem Gipfel vielleicht noch einige Tage weitergehen könnte.
- Es wäre toll und schön, wenn es jetzt noch ganz viele Veranstaltungen mit G20-Bezug in den nächsten Monaten in Berlin geben würde. Die Idee von „Aktionswochen gegen die Welt der G20“, die vor dem G20 in Berlin stattfinden könnten, wurde in den Raum geworfen, genauso wie die Idee von vielfältigen Aktionen bis zum G20, die auch nicht alle unbedingt bei den Behörden angemeldet werden müssen.
Einen eigenen Raum nahm die Information und Diskussion zum sogenannten „African Partnership Treffen“ ein, dass in Berlin im Juni im Rahmen des G20 stattfinden soll. Wird seitens der Herrschenden natürlich mal wieder davon gelabert, dass es hier um „nachhaltige Entwicklung für Afrika“, „echte Partnerschaft“ etc. gehen solle, geht es natürlich in Wirklichkeit darum, die permanente neokoloniale Ausbeutung der afrikanischen Länder zugunsten der kapitalistischen Industriestaaten weiterzuführen und gleichzeitig den Druck auf eben diese Länder, selbst gegen die Migration nach Europa effektiv vorzugehen, massiv zu erhöhen. Infos über die Planungen von Gegenprotesten gegen diese Veranstaltung finden sich u.a hier; diese perfide, für Berlin im Juni geplante Veranstaltung findet hoffentlich ein sehr großes und deutliches Echo.
Ebenfalls einen Input gab es zu den geplanten Protesten gegen den „Europäischen Polizeikongress“, der wie jedes Jahr im Februar in Berlin stattfindet.
Folgende Sachen wurden noch angekündigt:
- Die Kolumbien-Kampagne wird in Berlin eine Veranstaltung im Rahmen der G20-Mobisierung zur Situation in Kolumbien machen
- Seawatch plant auch für G20, sie werden was auf dem Wasser machen, wer mitmachen möchte: presse //at // sea-watch.org, sie werden sich auf mit der Hafenaktion etc. ggf. vernetzen
- auch für Hamburg gibt es diverse Ideen, was vor dem G20 alles noch stattfinden könnte; verschiedene inhaltliche Veranstaltungen sollen stattfinden, eine weitere Idee sind themenbezogene Aktionstage in den Tagen direkt vor dem Gipfel
- es wird einen Berliner Newsletter für die anarchistisch-autonom-libertär-linksradikalen Vernetzung gegen den G20 geben.
Nach offiziellem Ende der Vollversammlung gab es für Interessierte noch die Möglichkeit, an verschiedenen konkreten Arbeitsgruppen teilzunehmen. Wer Lust hatte, eine Arbeitsgruppe zu gründen, machte das öffentlich, und nach dem offiziellen Ende der VV ging es dann nach einer kurzen Pause in den Arbeitsgruppen los. Auch wenn nicht alle Arbeitsgruppen dann tatsächlich stattfanden, so boten doch diese offenen, neuen Arbeitsgruppen in Gründung auch für neue, interessierte Leute eine sehr gute Möglichkeit, gleich praktisch in den Protest gegen die Welt der G20 einzusteigen, und diese Möglichkeit wurde auch von recht vielen Menschen genutzt.
Arbeitsgruppen wurden für folgende Themen angekündigt:
- Vorbereitung der nächsten AntiG20-VV in Berlin
- Aufbau von Strukturen für ein eigenes Medien-, Presse- und Kommunikationszentrum
- Erstellung einer linksradikal-anarchistischen Massenzeitung in Berlin anlässlich des G20
- Info-Tour zu G20 in Brandenburg
- Gemeinsam kreativ werden gegen G20
- Protest gegen „Africa Partnership Treffen“ im Juni in Berlin
- Austausch mit AG Internationalismus aus HH
Wer kommt eigentlich (außer uns) zum G20 nach Hamburg? Ein Überblick (Kurzfassung)…
Die Regierung der EU & die Regierungen ihrer Mitgliedsstaaten
Abschottung gegen Migrant*innen mit Inkaufnahme von tausenden Toten jedes Jahr bei gleichzeitiger Beteiligung an der fortlaufenden neokolonialen Verwüstung großer Teile der Erde und der permanenten Erzeugung neuer Fluchtursachen. Neoliberal-repressiv nach innen und außen, das aktuelle Regierungspersonal dürfte im Wesentlichen bekannt sein, vielleicht kommen bis Juli noch ein paar besonders reaktionäre Arschlöcher dazu.
Die Regierung von China
Eine autoritäre Regierung für ein im Wesentlichen staatskapitalisistisches Gesellschaftsystem, mit einem großen Hang zu Überwachung und Repression
Die Regierung von Japan
Neoliberales autoritäres Regime
Die Regierung von Russland
Neoliberales autoritäres, sexistisches, oligarchisches Regime unter Putin und Co.
Die Regierung der USA
Trump und Umfeld: sexistische Kackscheisse & neoliberaler Rassismus
Die Regierung von Mexiko
Das neoliberal-repressive Regime von Pena Nieto von der Partei PRI, auf engste mit Drogen- und sonstiger Mafia verknüft, stets gegen entsprechende Bezahlung den Interessen der nationalen und internationalen Konzerne zu Diensten, wenn es darum geht, Aktivist*innen der vielfältigen sozialen Bewegungen einzuschüchtern oder gleich umzubringen, und immer noch dabei zu versuchen, durch einen permanenten Krieg niederer Intensität das zapatistische Projekt in Chiapas zu zerschlagen.
Die Regierung von Brasilien
Seit dem parlamentarischen Putsch 2016 gegen die gewählte Präsidentin Dilma Rousseff regiert ein gewisser Herr Temer, ein besonders reaktionärer Arsch. Seine neu aufgestellte Regierung (in Brasilien hat der Präsident durchaus reale Macht) besteht ausschließlich aus reichen weissen Männern (!). Seit dem Putsch hat Temer bereits große Teile der bestehenden, immer schon rudimentären sozialen Rechte abgeschafft. Temer ist großer Fan der Privatisierung von allem, was sich privatisieren lässt, und von Polizei- und Militärgewalt gegen alle diejenigen, die die aktuelle massive Verarmung und den Ausschluß großer Teile der Bevölkerung nicht hinnehmen wollen.
Die Regierung von Argentinien
Das argentinische Pendant zu Temer heisst Macri. Sein Programm ist dem von Temer sehr ähnlich (Privatisierung, Sozialkürzung, Ausgrenzung, Repression), wie dieser gehört er zur tradidionellen, reichen, weissen Oligarchie Lateinamerikas.
Die Regierung von Indien
Seit einiger Zeit ist in Indien die Bharatiya Janata Party (BJP) an der Macht. Diese verfolgt einen besonders aggressiven hinduistischen Nationalismus, setzt bereitwillig die vom internationalen Kapital geforderte neoliberale Ausrichtung der Ökonomie um (Privatisierungen, Sozialkürzungen) und setzt ansonsten auf Repression.
Die Regierung von Australien
Die derzeitige Regierung von Australien bezeichnet sich selbst als „liberal-konservativ“. Das bedeutet neoliberal in ökonomischen Fragen und konservativ in allem anderen. Der skandalöse Umgang der australischen Regierung mit Geflüchteten, die unter katastrophalen Bedingungen auf Inseln vor dem Festland festgehalten werden, dürfte sich mittlerweile weithin bekannt sein, genauso wie etwa die weiterhin extrem prekäre soziale und politische Situation der Aborigenes.
Die Regierung von Südkorea
Neoliberal in ökonomischen Fragen, repressiv gegen Proteste
Die Regierung von Indonesien
Bis 1998 wurde Indonesien von Suharto regiert, dessen liberalrepressive Regierung von den Staaten Westeuropas und Nordamerikas stets freundlich behandelt wurde, ungeachtet des Massenmordes an Kommunist*innen in den 60ern, für den Suharto direkt mitverantwortlich war. Das Verbreiten der „kommunistischen Ideologie“ ist in Indonesien bis heute verboten. Während immer noch die Mehrheit der Bevölkerung in Armut lebt, wird seitens staatlicher und parastaatlicher Repressionskräfte brutal gegen Proteste vorgegangen – dankbar unterstützt übrigens durch die BRD, die seit Jahrzehnten enge militärische Beziehungen zu Indonesien unterhält und jedes Jahr große Mengen Waffen hierher exportiert.
Die Regierung von Kanada
Natürlich hat auch die recht neue Regierung Kanadas nichts Grundsätzliches gegen den herrschenden Neoliberalismus einzuwenden. Aber es wird sehr wahrscheinlich durchaus die „linkeste“ Regierung aller sogenannten „G20-Staaten“ 2017 in Hamburg sein.
Die Regierung der Türkei
Die aktuelle Situation in der Türkei unter Präsident Erdogan dürfte bekannt sein und soll hier nicht weiter erörtert werden – sicher auch eine der besonders widerlichen Regierungen, die zum G20 in HH einlaufen wollen
Die Regierung von Saudiarabien
Auch hier dürfte die aktuelle Situation im Wesentlichen bekannt sein – eine reaktionär-rassistisch-patriarchale Monarchie
Die Regierung von Südafrika
Aufgrund der Verarmung großer Teile der Bevölkerung in einem neoliberalen ökonomischen Umfeld kommt es häufig zu sozialen Protesten. Die Regierung unter Zuma setzt weniger auf strukturelle und soziale Veränderungen, sondern so gut wie ausschließlich auf Repression gegen die Protestierenden.
Wir haben hier nur (arg verkürzt, ja) kurz die Regierungen angeschaut – natürlich wird auch das Kapital, also die Vertreter*innen der großen Konzerne, vor Ort sein, sollte es denn einen G20 Gipfel in HH im Juli geben.