Zuallererst fordern wir von der deutschen Regierung die Freilassung unseres Kollegen David und aller anderen in Hamburg Entführten. Ihre Rechte müssen anerkannt werden. Seit sechs Tagen wird David in verschiedenen Gefängnissen des deutschen Staates festgehalten. Wir beklagen, dass David am vergangenen Donnerstag gegen 0:30 Uhr festgenommen wurde, während er in einer Hamburger Gaststätte beim Abendessen war und dass es seither nur wenige Informationen über seinen Aufenthaltsort und sein Befinden gibt. Wir stellen ausdrücklich fest, dass David entführt wurde, während er mit Freundinnen und Freunden beim Essen war und nicht während der Unruhen in Hamburg, wie es verschiedene Kommunikationsmedien dargestellt haben.
Gegen David und die anderen Festgenommenen wurde ein Ausnahmegesetz angewandt. 16 Stunden nach seiner Entführung wurde er ohne seine Vertrauensanwältin einem Richter vorgeführt. Der Richter erlaubte während der Anhörung von David nicht, dass seine Anwältin teilnehmen konnte.
Etwa 200 Kolleginnen und Kollegen wurden in den vergangenen Tagen entführt und 50 davon von der Polizei festgehalten. Nach unserem Wissen sind 43 Personen weiterhin in Hamburger Gefängnissen inhaftiert.
Sowohl David wie die anderen Genoss*innen befinden sich in einer kafkaesken Situation von Rechtlosigkeit, in juristischer und legaler Hinsicht. Obwohl Davids Rechtanwältin am Montag verschiedene Einsprüche für seine sofortige Freilassung einreichte, hat der zuständige Richter 15 Tage Zeit, eine Entscheidung zu treffen, ob es zu einem Schnellverfahren kommen oder ob er in Untersuchungshaft bleiben soll.
David befindet sich in einer Situation, in der ihm jegliche Rechte abgesprochen werden. Das wird besonders deutlich an der Tatsache, dass eine Anwältin gefordert hat, über die Gründe seiner Verhaftung unterrichtet zu werden. Bis zum jetzigen Moment hat die deutsche Justiz auf diese Anfragen nicht reagiert. Wie soll eine Person juristisch verteidigt werden, wenn völlig unklar ist, welches Delikt ihr vorgeworfen wird?
Während der vergangenen Tage wurde David zwei Mal von einem Gefängnis zum anderen verlegt. Bis zum heutigen Tag wissen wir nicht, ob er in dem Gefängnis festgehalten werden soll, in das er nach seiner Entführung gebracht wurde, oder ob er erneut verlegt werden soll. Diese Situation von Rechtlosigkeit und Angreifbarkeit erschwert zum einen die Besuche seitens der Anwältin, zum anderen werden dadurch Besuche von Seiten seiner Familie konditioniert.
Diese Realität von Ungerechtigkeit und Schutzlosigkeit, die David erleidet, läßt bei uns die Alarmglocken läuten. David und die übrigen Genoss*innen, die mit ihm zusammen entführt wurden, sind nunmehr mit verschiedenen Optionen konfrontiert. Erstens könnte er in den nächsten Tagen freigelassen werden. Zweitens könnte der Richter die 15 Tage Überlegungszeit ausschöpfen, um über den Fall zu entscheiden. Drittens könnte die Entführungszeit verlängert werden, der Richter könnte einen Prozess anberaumen und ihn dann freilassen. Oder viertens könnte er verurteilt und im Gefängnis festgehalten werden.
Die Organisationen der G20-Plattform Bilbao verurteilen sowohl die Rechtlosigkeit der Verhafteten wie auch die Repression und Gewalt der deutschen Polizei während der vergangenen Tage. Wir halten das Vorgehen der deutschen Polizei gegenüber den verschiedenen stattgefundenen Demonstrationen gegen den Gipfel der Welt-Großmächte in Hamburg für völlig unverhältnismäßig und willkürlich. Einmal mehr ist deutlich geworden, dass Polizei und Justiz eng zusammenarbeiten, nach den Maßgaben der Politiker, die sich in Hamburg ein Stelldichein gaben. Wir unterstützen alle von der Polizei festgenommenen, entführten und angegriffenen Genoss*innen und solidarisieren uns mit ihnen. Die Menschen, die sich in Hamburg zum Protest versammelten, hatten ein gemeinsames Ziel: das heteropatriarchale System endlich zum Schweigen zu bringen, mit dessen Hilfe große Oligopole und der freie Markt Millionen Menschen und ganze Völker der Welt versklaven und zum Tode verurteilen. Wir sind Tausende und wir kämpfen jeden Tag in verschiedenen Organisationen gegen die neoliberale Barbarei. Zu Tausenden streiten wir für einen gesellschaftlichen Wandel, an
verschiedenen Barrikaden kämpfen wir zu Tausenden für den Aufbau eines neuen politischen Paradigmas, Tausende haben es satt, am Rande des Systems zu leben, Tausende haben erlebt, was es bedeutet, entrechtet zu sein, mittellos, entfremdet, marginalisiert und ohne Zugang zu Kultur. Obwohl es Dinge gibt, die uns trennen mögen, sagen wir laut und deutlich, dass uns die Sehnsucht verbindet, den Status Quo zu beenden und ein antagonisches Lebensmodell gegenüber dem heute herrschenden aufzubauen. Das wurde in Hamburg in den vergangenen Tagen deutlich. Zum Abschluss stellen wir fest, dass sich unter dem Schirm der Demokratie Ausnahmegesetze verstecken, die gegen die arbeitende Klasse gerichtet sind, gegen die einfachen Arbeiter*innen. Wir haben die Legitimität und die moralische Pflicht, uns gegen alle Angriffe zu wehren, die die Neutralisierung der antikapitalistischen Bewegung zum Ziel haben. Sie wollen uns tot und stumm sehen, wir antworten mit erhobener Faust und zusammengebissenen Zähnen.
Freiheit für David und alle gefangenen Freund*innen! G20 akatu!